(Un)sicherheit in der Zeitenwende

Transkript: Gemeinsame Wege zur Verkehrswende? Die Allianz von Umweltbewegung und Gewerkschaften im ÖPNV

ACHTUNG: Das Transkript wird automatisch erstellt und aus zeitlichen Gründen NICHT korrigiert. Fehler bitten wir deshalb zu entschuldigen.


So, guten Abend zusammen. Ich begrüße euch zur Veranstaltung zur Verkehrswende.
Mein Name ist Liena Radreier.
Ich bin vom Promotionskolleg Gute Arbeit hier am Wissenschaftszentrum Berlin.
Bei unserem Kolleg forschen Personen aus der Psychologie, der Soziologie,
aber auch den Wirtschaftswissenschaften zu dem übergeordneten Thema Gute Arbeit.
Und dementsprechend haben wir diese Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen,
weil wir eben auch fernab den altbekannten Arbeitskämpfen auch kämpfen,
eine Bühne geben wollten und Akteuren und Akteurinnen, die bisher nicht so stark
in den Medien präsent waren.
Die Auftaktveranstaltung hat stattgefunden zu der Vereinbarkeit von Mutterschaft und Wissenschaft.
Dann hatten wir hier auch schon Gäste und Gästinnen aus der Krankenhausbewegung
da, sowie jemanden zur feministischen Stadtpolitik.
Heute geht es um die Verkehrswende und ich freue mich, Franziska begrüßen zu dürfen.
Franziska ist Aktivistin und Autorin, hat auch schon zwei Bücher veröffentlicht.
2018 kamst du zu Fridays for Future und zur Klimabewegung und dann 2020 zur
Kampagne Wir fahren zusammen und war dort im Kernteam, die die Kampagne eben
entwickelt und vorangetrieben hat.
Jetzt ist sie aktiv bei den Linken und im Bundestagswahlkampf aktiv.
Und hiermit begrüße ich ganz herzlich Franziska. Bevor ich dir das Wort übergebe, eine Anmerkung noch.
Wir werden heute begleitet von der wunderbaren Christine, die Illustratorin.
Ihr seht das auch hier oben.
Sie wird unsere Unterhaltung begleiten.
Gleichzeitig würde ich noch kurz sagen, die Unterhaltung zwischen Franziska
und mir, die zeichne ich per Audiospur auf.
Ihr habt dann also die Möglichkeit, das später als Podcast euch nochmal anzuhören,
falls ihr euch das nochmal in die Inne rufen wollt.
Wenn es dann später um die Publikumsfragen geht, würde ich natürlich das Aufnahmeklär draus machen.
Aber nun, dass ihr alle in Kenntnis gesetzt seid, dann willkommen Franziska. Danke.
Applaus.
So, ich stelle mir mal, ich wurde gebeten, mich an die Zeit zu halten.
Das versuche ich zu machen. Deshalb stelle ich mir mal eine Uhr.
Ich freue mich total, hier sein zu können und hoffe, ich kann euch und Ihnen
ein bisschen spannende Sachen zu der Zusammenarbeit im Zuge der Kampagne Wir
fahren zusammen berichten.
Ich mache jetzt so eine kurze Einleitung zu sozusagen eher allgemeinen Fragen
und ich denke, dann steigen wir so spezifischer ein, was die Frage der Arbeitskämpfe
in diesem Sektor angeht und so weiter.
Vielleicht sozusagen ergänzend zu meiner Rolle, ich bin in der Klimabewegung
tief gewesen lange und ich bin dann aber irgendwann auch zum gewerkschaftlichen
Organising gekommen und ich habe diese Kampagne eigentlich aus zwei Rollen begleitet.
Zum einen so dem Kern der aktivistischen Struktur auf der einen Seite und ich
war zum anderen auch Teamleitung eines Organizing Teams, was dann sozusagen
eher an die betriebliche Andockung, ja, für die betriebliche Andockung zuständig
war, die unterstützt hat an bestimmten Orten.
Nicht flächendeckend, dazu sage ich auch gleich noch mehr, das heißt sozusagen,
ich habe dann so zwei Rollen gehabt, in denen ich häufig hin und her gesprungen
bin, aber vielleicht ist es ganz spannend auch für die Runde hier.
Vielleicht einleitend, was ist überhaupt Wir fahren zusammen?
Für die, die es nicht mitbekommen haben, Wir fahren zusammen war oder ist,
es geht auch weiter, eine Kampagne, die sozusagen jetzt schon mehrfach stattgefunden hat.
Die größte war jetzt zum Arbeitskampf zur Tarifauseinandersetzung der Bundesweiten
im Nahverkehr, Frühjahr diesen Jahres und ist eine Allianz von Klimabewegung
und ÖPNV-Beschäftigten in ihrer Gewerkschaft Verdi.
Das heißt sozusagen, konkret waren die Bündnispartner dessen auf der einen Seite
Fridays for Future, auf der anderen Seite Ver.di.
Man muss aber immer dazu sagen, glaube ich, um diese ganze Kampagne zu verstehen,
das waren die Dachorganisationen, die da formell zusammengekommen sind. Das Ganze war aber...
Kein reines Bündnis und ich würde es auch dementsprechend nicht so bezeichnen,
sondern war wirklich ein Versuch, eine Allianz in den über 90 Betrieben,
die es im Nahverkehr kommunal bundesweit so gibt, aufzubauen.
Das heißt sozusagen, es ging weniger um gemeinsame Positionspapiere,
auch wenn die auch schon in der Vergangenheit und auch im Zuge der Kampagne entstanden sind.
Es ging vielmehr darum, tatsächlich Schulterschlüsse zwischen gewerkschaftlich
aktiven KollegInnen und eben KlimaaktivistInnen vor Ort und dann auch bundesweit
zu schließen. und das eigentlich zu einer gemeinsamen Durchsetzungsstrategie zu bringen.
Diese Unterscheidung zwischen Bündnis und Allianz mache ich jetzt vielleicht
manchmal, deshalb sage ich das vorab.
Man muss auch dazu sagen, dass ja sowohl, also dass vor allen Dingen auf Seiten
der Klimabewegung in den letzten Jahren
schon auch immer wieder weitere Formierungsprozesse stattgefunden haben.
Das heißt, wenn es darum geht, welche Personengruppe aus der Klimabewegung in
dieser Kampagne aktiv war, dann würde ich sagen, es war zum einen sozusagen
wirklich Fridays for Future Gruppen als solche.
Aber es waren viele auch Klimaaktivistinnen, die schon sozusagen Phasen von
reinem Klimastreik, reinen Klimaaktionen gemacht haben,
sich vielleicht auch umorientiert haben, dann breiter politisch auch aktiv waren
und die eigentlich auf der Suche waren nach im Prinzip einem klassenpolitischen Polen der Bewegung.
Also nach einem Projekt, um die soziale und ökologische Frage konkret zu verbinden
und sich auf die Suche zu machen nach Durchsetzungsstrategien jenseits der reinen Positionierung.
So sagen das einmal zur Akteurskonstellation.
Genau, das Ganze ist entstanden ursprünglich als eine relativ trotzdem formelle
Bündniskooperation von Fridays for Future und Verdi.
Es gab einen ersten Versuch, gemeinsame Sache zu machen anlässlich der bundesweiten
Tarifrunde im Nahverkehr in 2020.
Die ist relativ ins Wasser gefallen wegen Corona. Deshalb gab es da und man
muss auch sagen, dass diese ganze These soziale und ökologische Anliegen müssen
verbunden werden, da noch nicht so wahnsinnig.
Naja, vielleicht verbreitet schon, aber nicht mit einem wahnsinnigen Druck hinterlegt
waren, weil die Klimabewegung einfach noch sehr stark in der Offensive war.
Das hat sich in der Zwischenzeit geändert und das heißt, dementsprechend hat
sich auch die Dringlichkeit dieser Allianz verändert dann mit der Zeit.
In 2020 gab es dann vor allen Dingen so erste Ausprobierversuche,
sich irgendwie kennenzulernen.
Es gibt sehr viele niedliche Bilder, wo Klimaaktivisten mit einem Solidaritätsbanner
zum Streikposten kommen und so weiter.
Aber es waren vor allen Dingen symbolische Aktionen. Man kann da jetzt nicht
davon sprechen, dass sich Massen von BusfahrerInnen zusammengeschlossen haben
mit Massen von AktivistInnen.
Das hat sich, ich habe gerade schon gesagt, es hat sich verändert.
Ich würde sagen, das hat sich verlagert hin zu diesem Versuch jetzt.
Wir haben im Herbst 2022 auf der Klimabewegungsseite angefangen,
diese Allianz aufzubauen.
Und es ist bis zuletzt gelungen, dass in über 70 Orten tatsächlich solche Schulterschlässe
zustande gekommen sind. zustande gekommen sind.
Ich habe gerade gesagt, es gibt über 90 kommunale Nahverkehrsbetriebe,
das heißt sozusagen, es sind nicht alle abgedeckt, aber es ist dann doch relativ
deutlich in der Fläche gewesen.
Und jetzt sozusagen vielleicht neben der reinen Beobachtungsebene,
was war das Ganze eigentlich? Die Frage, wie hat das eigentlich funktioniert?
Was waren so strategische Grundvoraussetzungen und inwiefern gab es Herausforderungen
auch in der Zusammenarbeit?
Das würde ich jetzt versuchen als so drei kleine Schlaglichter zu werfen und
dann steigen wir auf sozusagen diese größeren einordnenden Fragen vielleicht
noch in der zweiten Runde ein.
Grundsätzlich, wie kommt das Ganze zustande?
Im Prinzip ist die Strategie gewesen, anlässlich der Tarifrunde im Nahverkehr,
die Tarifrunde im Nahverkehr zu einer politischen Auseinandersetzung,
nicht einer rein tariflichen zu machen, sondern einer politischen,
um die Ausfinanzierung der öffentlichen Daseinsvorsorge konkret des Nahverkehrs.
Und da sozusagen merkt man auch, wenn ich jetzt ein bisschen einsteige,
dass die Anliegen von Klimabewegten da und auch den Beschäftigten in dem Sektor
relativ nah beieinander liegen.
Die Logik war folgende, um den ÖPNV zu verbessern und sogar auszubauen,
braucht es, na klar, mehr Geld, dazu komme ich gleich, aber vor allen Dingen
braucht es mehr Personal, weil de facto wurde Personal systematisch abgebaut seit 1990 im ÖPNV.
Das bedeutet, dass die Leute unter krassem Personalmangel leiden.
Deshalb fällt auch so oft die U-Bahn gerade aus bei der BVG,
für alle, die das alltäglich wahrnehmen.
Und es braucht einfach mehr Personal, um überhaupt in der Lage zu sein,
personell den für die Bewältigung der Klimakrise notwendigen Ausbau des ÖPNV hinzukriegen.
Für mehr Personal braucht es allerdings bessere Arbeitsbedingungen,
weil es ist so, dass die Beschäftigten im ÖPNV höhere Krankenstände haben als
zum Beispiel in der Pflege.
Also man hat es, glaube ich, nicht immer so konkret vor Augen,
weil alle wissen, dass der Pflegeberuf sozusagen sehr beanspruchend ist.
Im ÖPNV sind die Krankenstände noch höher, eben weil die Leute teilweise sozusagen
einfach 50 Prozent fehlendes Personal kompensieren, Pausenzeiten nicht einhalten,
immer wieder einspringen und so weiter und so fort.
Das heißt, für den Ausbau des ÖPNV braucht es mehr Personal,
dafür braucht es bessere Arbeitsbedingungen und dafür kämpfen die Kolleginnen
im ÖPNV im Zuge ihrer Tarifauseinandersetzung.
Die ganze Frage besserer Arbeitsbedingungen und dementsprechend auch mehr Personal
und der infrastrukturellen Frage beim Ausbau des ÖPNV ist aber vor allen Dingen eine des Geldes.
Und das war sozusagen die Analyse der Gesamtsituation.
Es ist zudem so, dass es natürlich kommunale Betriebe sind, das heißt,
es auch unmittelbar politische Entscheidungen sind, die letztendlich sowohl
die Arbeitsbedingungen als auch die Mobilitätsbedingungen in den Orten schaffen.
Und jetzt gab es sozusagen aus der Klimabewegungsseite natürlich stärker das
Anliegen, also wir brauchen eigentlich einen strategischen Hebel,
um die Dringlichkeit beim ÖPNV und den Druck, den politischen Druck,
da was zu machen, sozusagen hochzuschrauben.
Und wir alleine sind durch Demonstrationen und Appelle dazu nicht in der Lage.
Das heißt, wir brauchen einen anderen strategischen Hebel.
Und da lag im Prinzip dieser Hebel des Streiks. Der Streik macht der Beschäftigten
so da und könnte man jetzt auch erstmal sagen, ist vielleicht ein instrumentelles Verhältnis.
Also es ging praktisch darum, im Zuge der Streikbewegung das,
was an Unterbrechung des Funktionierens der Gesellschaft stattfindet im Streik,
nutzbar zu machen, eigentlich für politischen Druck im Sinne der gemeinsamen Sache.
Gleichzeitig aber auch, und das betrifft dann eher das Anliegen der Beschäftigten
und der Streikenden an der Stelle, ist diese ganze Frage von Streiks in der
öffentlichen Daseinsvorsorge erheblich umstritten.
Jedes Mal, wenn es da Streikbewegungen gibt, titelt die Bild-Zeitung,
die FDP fordert die Einschränkung des Streikrechts und so weiter und so fort.
Und erstmal jeder, der dann an der Bahnbus- oder Bahnhaltestelle steht und wartet, ärgert sich auch.
Das heißt sozusagen, von Beschäftigtenseite wurde die Klimabewegung häufig als
ein möglicher Partner wahrgenommen, um im Prinzip eine Brücke zwischen Zivilgesellschaft
und den Streikenden zu schaffen.
Also eigentlich eine gesellschaftliche Rechtfertigung und auch Legitimation
dessen, warum sie da erstens nicht nur für sich streiken müssen,
sondern das auch in unserer aller Sinne als Fahrgäste ist.
Das heißt, man hat im Prinzip dann in der Akteurskonstellation,
wenn man sich die Anliegen der einzelnen Gruppen anschaut, fast ein Dreieck
aus einerseits sozusagen einer Klimabewegung, die die ökologische Frage betont,
einer gewerkschaftlich und beschäftigten Perspektive, die die soziale betont
und eben die Fahrgäste als sozusagen so ein gemeinsames Subjekt,
unter dem sich potenziell alle in der Gesellschaft versammeln können,
deren Interessen damit artikuliert werden.
Man muss dazu sagen, ich würde sagen, aus einer strategischen Entwicklung sowohl
der Klimabewegung als auch der Frage, wie da Tarifpolitik weiterentwickelt wurde
gewerkschaftlich, war das Ganze sehr erfolgreich.
Das ist aber sozusagen strategisch gesprochen.
Also sowohl die Breite, in der das stattgefunden hat, als auch,
darauf kann ich bestimmt gleich nochmal eingehen, auch die Tiefe,
wie teilweise sozusagen Aktivistinnen und KollegInnen zusammengetroffen sind.
Das war etwas, was wir uns zu Beginn dieser ganzen Zusammenarbeit nicht so haben
ausmalen können, wie das dann gelungen ist.
Auf einem breiten Spektrum muss man dazu sagen. Es ist aber so,
dass im Zuge dieser ganzen Frage von Haushaltskürzungen, Sparpolitik,
Schuldenbremse, diese ganze Allianz
und auch die Streikbewegung kaum Durchsetzungskraft entfalten konnte.
Also sie hat es vielleicht zu Abgeordnetengesprächen geschafft,
aber es ist kein einziger weiterer Sennacht.
Habe ich den Wecker hier mit angemacht, ist im Prinzip kein einziger weiterer
Send in den ÖPNV geflossen.
Und das ist sozusagen ein großes strategisches Dilemma, weil man einfach sagen
muss, de facto hat man mehrere Tage im Frühjahr den ÖPNV bundesweit lahmgelegt.
Es wirft schon die Frage auf, was eigentlich wirksame politische Hebel sind
oder wie weit man es hätte eskalieren müssen, um da durchsetzungsfähig zu werden.
Auf die Herausforderungen können wir gleich auch noch mal stärker eingehen,
aber ein Mitgrund dafür ist nicht nur die politische Gesamtgemengenlage,
würde ich sagen, Und auch sozusagen die Situation der Ampelregierung,
sondern es ist schon auch, dass man einerseits sagen muss, dass die Klimabewegung
natürlich in ihrer Mobilisierungskraft in der Krise ist.
Also es ist nicht so, dass nur noch anderthalb Millionen wieder auf die Straße
gehen, wenn man sagt, jetzt ab zu den Streikposten.
Die andere Sache ist aber schon auch, dass im Prinzip die Weiterentwicklung
der Tarifpolitik für Verdi in diesem Feld offengesprochen eine Art sozusagen
rettender Strohhalm auch ist,
weil einfach sozusagen in den Betrieben gewerkschaftliche Strukturen erheblich ausgedünnt sind.
Das ist immer noch mit der bestorganisierteste Bereich in Verdi,
aber trotzdem sind die Strukturen weit sehr passiviert, muss man sagen, sehr überaltert.
Man muss eine Erneuerung und eine Revitalisierung der gewerkschaftlichen Strukturen
schaffen, um überhaupt durchsetzungsfähig auf einer rein tariflich gesprochenen Ebene zu sein.
Und in der Frage, politisch durchsetzungsfähig zu werden, gibt es bis dato einfach
kaum Rezepte und kaum entwickelte Hebel, auch jenseits der reinen Lobbyarbeit,
die aber natürlich bei einer Regierung in der Krise zu exakt gar nichts führt sozusagen.
Das, würde ich sagen, ist eine strategische Kernherausforderung gewesen.
Und um nur jetzt zwei Stichpunkte noch zu nennen zu weiteren Herausforderungen
der Zusammenarbeit, das Hauptproblem aus einer organisierenden und Organising
Perspektive war, wie gelingt es eigentlich,
dass zwei so unterschiedliche Milieus, die vielleicht in ihren Anliegen und
Interessen vereint sein dürften, aber das vielleicht jetzt nicht unbedingt aufeinander
projizieren, dass dem so sein, wie kommen die denn zueinander?
Da muss man aber tatsächlich sagen, es gab in allen Fällen einen einzigen Betrieb,
der sich gegen eine Zusammenarbeit entschieden hat.
In den allermeisten Fällen war sozusagen das Angebot, sich einzusetzen und die
Anliegen der KollegInnen, die öffentlich zu machen, nach draußen zu tragen und
so weiter, fast schon genug,
um überhaupt über die Skepsis hinweg zu sehen,
dass da jetzt irgendwelche Klimakleber seien oder so.
Diese sozusagen medial kursierenden Erzählungen über die Bewegung waren häufig
sozusagen die erste Hürde, wo auch erstmal Affront und Skepsis kamen,
aber tatsächlich sozusagen das Bemühen um den persönlichen Kontakt,
in allen Fällen der persönliche Kontakt.
Waren Mittel, um einfach eine Annäherung auch hinzukriegen, eine gemeinsame
Sprache zu entwickeln und so weiter, zu überlegen, wie kann man sich eigentlich
zusammentreffen und so weiter.
Und ich glaube, der größte Erfolg qualitativ gesprochen ist,
dass am Ende das Ganze eine Art Laborexperiment in manchen Orten sein konnte,
unter denen die Bedingungen besonders positiv waren,
wo tatsächlich sich Kerne von Aktivistinnen und auch Kolleginnen herausgebildet
haben, die jetzt weiter eigentlich gemeinsame Sache machen und wo die Zusammenarbeit dazu beitragen konnte,
eigentlich einen gewerkschaftlichen Aufbruch und einen gewerkschaftlichen Sprung
in einzelnen Betrieben hervorzubringen, weil eben die Leute sozusagen ihre tarifliche Auseinandersetzung,
bei der es vielleicht erst mal um sozusagen eine höhere Entgelteingruppierung
dann auch ging oder ein bisschen verlängerte Pausenzeiten oder so,
weil das plötzlich Teil eines sehr fundamentalen Anliegens war,
nämlich wirklich in der eigenen Arbeit gesehen, gewertschätzt zu werden und
überhaupt dieses öffentliche Gut Mobilität weiter bereitstellen zu können.
Und sozusagen da, würde ich sagen, ist dann auch die interessante Dimension,
in die sich lohnt reinzugucken.
Aber da ende ich jetzt erstmal als Intro des Ganzen. Vielen, vielen Dank.
Ich würde sagen, ich starte erstmal mit ein paar einleitenden Fragen.
Es gibt ganz viel, wo ich jetzt noch Fragen habe.
Vielleicht könntest du einmal noch damit beginnen, wie dann tatsächlich in der
Praxis diese Zusammenarbeit umgesetzt wurde. Also wirklich diese Aktivitäten.
Wie hat Fridays for Future dann die Busfahrer und Busfahrerinnen erreicht?
Wie ist das vonstattengegangen? Ja, also in der Regel war der erste Schritt
eine Kontaktaufnahme zu den gewerkschaftlichen Strukturen vor Ort.
Also das hieß in der Regel, die Betriebsratsvorsitzenden oder die VertrauensleutesprecherInnen,
all die, die sozusagen schon Vertretung im Betrieb waren, zu adressieren.
Und in der Regel war dann die erste Frage, können wir mal bei einer Vertrauensleutesitzung
vorbeikommen. Das heißt, Öse, durch die die ganze Zusammenarbeit durch musste,
war im Prinzip der Segen der etablierten Strukturen.
Die waren aber auch im weiteren Verlauf sehr wichtig als die TüröffnerInnen
und natürlich diejenigen, die auch im Betrieb und mit Gewerkschaft assoziiert
ein grundsätzliches Vertrauen erst mal genießen.
Das heißt sozusagen, so ein erster Kontaktaufbau, einen Besuch,
sich vorstellen und so weiter, war erstens so der erste Schritt,
war aber auch meistens so der erste Test für diese ganze Sache.
Also was wir gemacht haben, ist, Aktivisten wirklich intensiv darauf vorbereiten,
wie sie da ankommen und was sie da vorstellen und wie sie artikulieren,
dass sie da unterstützen wollen. Also die erste Artikulation der Zusammenarbeit
war, wir wissen, ihr werdet streiken, wir wissen, wie notwendig das ist.
Wir wissen aber auch, dass es massiv Gegenwind geben wird und dass ihr kaum
gehört werdet mit dem, was ihr leistet in dieser Gesellschaft.
Und wir wollen dabei helfen, dass das aber passiert.
Und wir finden es auch aus ökologischer Perspektive wahnsinnig notwendig,
dass ihr gute Arbeitsbedingungen habt, damit überhaupt der ÖPNV ausgebaut werden kann.
Das war sozusagen die Ansprache, mit der das Ganze passiert ist.
Und dann war in der Regel der Versuch, und ich zeichne jetzt mal das Best-Case-Szenario
nach, dass es zum Beispiel in Göttingen so passiert oder auch in Jena.
Das waren nicht besonders große Betriebe. Bei der BVG mit 16.000 Beschäftigten
war das nicht so weitermöglich.
Aber diese Struktur, die Struktur im Betrieb tatsächlich in der Breite kennenzulernen.
Also es ging nicht darum, einen Bündnisprozess mit Einzelnen hinzukriegen,
sondern der Versuch war dann,
gemeinsame Ansprachen, wie sie im gewerkschaftlichen Sinne ja auch regelmäßig
stattfinden in Vorbereitung von Tarifrunden, gemeinsam mit Vertrauensleuten durchzuführen,
wirklich sozusagen den Kontakt in die Breite der Belegschaft aufzubauen,
auch zu denen, die vielleicht noch nicht Teil der Gewerkschaft waren.
Und das sah dann so aus, dass in Fällen von so Großbetrieben wie der BVG Klimaaktivistinnen
wirklich über Monate jedes Hoffest, jede Vertrauensleutesitzung von 80 Strukturen
mitgenommen haben, zu allem hingegangen sind, sich überall vorgestellt haben.
Das wesentliche Instrument für die individuelle Ansprache war aber ein gemeinsamer
Stärketest, den Fridays for Future und Verdi dann gemacht haben.
Das war eine Mehrheitspetition, die ist auch in den Krankenhausbewegungen und
ansonsten zur betrieblichen Erschließung sozusagen so ein erprobtes Instrument.
Es geht im Prinzip darum, bevor es darum geht, den Streik zu mobilisieren,
eigentlich eine breite, bestenfalls überwältigende Mehrheit in einem Betrieb
hinter einer Forderung zu versammeln. erst mal mit einer grundsätzlichen Bestätigung.
Ich stehe hinter dieser Forderung, ich möchte sie mitvertreten und ich bin im
Zweifel bereit, zu ihrer Durchsetzung notwendige Maßnahmen zu ergreifen.
Wo das unterschrieben wird, das ist sozusagen die erste Bekundung zu der Forderung,
bevor dann die Frage folgt nach gewerkschaftlicher Organisierung und tatsächlicher
Handlungsbereitschaft und so weiter.
Und das war ein Versuch, mit dieser Mehrheitspetition die Anliegen auch explizit zusammenzubringen.
Also diese Mehrheitspetition war eben nicht nur auf die Tarifforderungen gemünzt
und sozusagen hat sich dazu positioniert, sondern es war immer formuliert,
wir haben eigentlich zwei Forderungen.
Das eine ist die Umsetzung unserer Forderungen, die wir tariflich aufstellen,
für die wir auch streiken.
Das ist auch wichtig dann für die Frage des politischen Streiks oder der Politisierung
des Streiks und so weiter.
Die andere Dimension war, und um das zu gewährleisten, braucht es Investitionen
im notwendigen Ausmaß in den öffentlichen Nahverkehr.
Und auch dahinter stelle ich mich. Das Ganze war auch mit Fridays for Future
und Ver.di-Logo. Das heißt, man kann sich vorstellen, dass es da schon auch
Vorbehalte gab in den Gesprächen.
Aber das war das Instrument, um eine Mehrheit im Betrieb hinter der Forderung
zu versammeln, aber auch eine Kontaktmöglichkeit zu haben in der Breite des Betriebs.
Und man muss sich das vorstellen, so in solchen Betrieben wie Göttingen oder
Jena, dass wirklich Klimaaktivistinnen und Vertrauensleute immer im Duo diese
Ansprachen durchgeführt haben.
Also drei Uhr nachts, Frühschichtbeginn auf dem Betriebshof bis irgendwie sieben
Uhr morgens, Klimaaktivistin und Vertrauensleute sind da.
Man kann sich vorstellen, dass die frühe Uhrzeit auch dazu beiträgt,
dass die Leute erst mal Vertrauen fassen, weil sie sich nicht vorstellen können,
dass jemand für eine Unterstützung irgendwie mitten in der Nacht irgendwo aufschlägt
und auch in der Masse, wie das dann geschehen ist.
Das war, würde ich sagen, eines der Hauptinstrumente, weil darin ganz,
ganz viel sich ablesen ließ. Erstens über die Frage, welche Einwände kommen da?
Welche Anliegen werden auch thematisiert neben der Frage der Pause oder so?
Wie sprechen die Kolleginnen auch über ihren eigenen Beruf? und ganz,
ganz viele kennenzulernen, insbesondere die, die nicht auf dem Radar von gewerkschaftlichen
Strukturen schon waren.
Also viele derjenigen, die dann kernaktiv geworden sind, haben sich teils in
der Gewerkschaft organisiert und dann auch sind in der Allianz aktiv geworden,
weil sie darüber einen anderen Zugang dazu gefunden haben.
Viele der Kernaktiven waren zuvor gar nicht die Betriebsratsvorsitzenden oder
die VertrauensleutesprecherInnen.
Es waren viele Frauen tatsächlich auch, die ja die Minderheit sind in diesen
Betrieben, die sozusagen darüber sich angesprochen gefühlt haben und aktiv geworden sind.
Aber man muss sagen, also das ist sozusagen so komplexe Ansprachenlage.
Es ließ sich aber vor allen Dingen, würde ich sagen, auch viel darüber lernen,
wie sich in diesen Sektoren und insbesondere eigentlich sozusagen in so einer
breiteren Arbeiterschaft eines solchen Betriebs ökologische Anliegen thematisieren lassen.
Also wo eigentlich diese aus sich heraus formulierten Anliegen liegen,
die dann sich politisieren lassen und die tatsächlich eigentlich strukturelle Fragen betreffen.
Es gab also diesen Stärketest, es gab diesen Stärketest,
doppelterweise als doppelte Petition. Ich versuche jetzt gleich den Bogen zu
schlagen, aber vielleicht lohnt sich das Gerüst so ein bisschen nachzuvollziehen.
Das eine waren die zwei Anliegen. Das andere war, dass dieser Stärketest nicht
nur durchgeführt wurde im Betrieb, sondern dass er seitens der Klimabewegung,
teils auch mit beschäftigten Beteiligungen, auch durchgeführt wurde in der Zivilgesellschaft.
Das heißt, wir hatten Orte, Aachen zum Beispiel, an denen vor einigen Ansprachen
an der Uni stattgefunden haben, immer zu weiteren Mobilisierungen.
Man muss dazu sagen, in Aachen war kein Streikbetrieb, aber die hatten eine
900-Leute-studentische Vollversammlung, um die Forderungen der Beschäftigten
in der Tarifrunde zu unterstützen.
Und das ist sozusagen über das gleiche Prinzip wie eigentlich eine betriebliche
Erschließung mit diesem Stärketest passiert.
Und es war genauso, dass sozusagen an allen möglichen Orten zivilgesellschaftlich
Ansprachen stattfanden, teils Schulen sich aufgestellt haben.
Und dann war ein nächster Punkt, der, glaube ich, sehr wichtig war für die Zusammenarbeit,
das eigentlich an den Punkt zusammenzuführen.
Also das, was an betrieblicher Stärke da entstanden ist mit dem,
was zivilgesellschaftlich mobilisiert wurde und zwar vor dem Moment des Streiks
und sich gemeinsam zu entscheiden, im Zweifel auf die Straße zu gehen.
Und da waren sozusagen das, würde ich sagen, beste Mittel, was erprobt wurde,
Stadtteilversammlungen oder Stadtversammlungen, also wo im Prinzip die Klimabewegung
eingeladen hat, aufgerufen hat, einen Raum gefüllt hat,
teils mit Kolleginnen, aber viel eben auch mit zivilgesellschaftlich Interessierten
und dann eigentlich den Beschäftigten, insbesondere BusfahrerInnen,
TechnikerInnen und so weiter, eigentlich eine Bühne gebaut hat,
von den eigenen Anliegen und dem eigenen Arbeitsalltag zu erzählen.
Und das zu verknüpfen mit einer Perspektive, gemeinsam aktiv zu werden.
Also diese Momente dann, das, was in den Einzelgesprächen stattfindet,
zu kollektivieren und in den öffentlichen Raum zu heben, war,
würde ich sagen, das Zweite.
Und das ganz entscheidende Drittens war dann die Streikbewegung.
Also tatsächlich sozusagen an jedem Streikposten gemeinsame Streikposten zu
haben, hinzukommen, den Streik praktisch zu unterstützen,
teils hieß es Bierbänke aufbauen, teils hieß es aber sozusagen auch das politische
Rahmenprogramm zu machen,
gemeinsame Streikkundgebungen und so weiter.
Das war dann, würde ich sagen, der Moment, in dem das Ganze öffentlicher sichtbar
geworden ist, in dem der eigentliche Konflikt stattgefunden hat.
Es war aber vor allen Dingen auch im Prinzip Stärketest und Ausdruck von dem,
was zuvor dann aufgebaut wurde.
Und da, genau, bin ich schon darauf eingegangen, würde ich sagen,
war das, wenn man sich überlegt, dass das Ganze über so sehr kleinteilige Ansprache
und Strukturaufbau entstanden ist, würde ich sagen, war es ein sehr qualitativ
wirklich großer Erfolg.
Aber sozusagen, man muss halt auch sagen, dass in einem 16.000-Leute-Betrieb
dann 6.000 Leute streiken und bei der Klimabewegung eben auch nicht mehr 1,5
Millionen auf der Straße stehen.
Das heißt, es ist nicht per se der Hebel, der nicht wirksam ist,
sondern es ist schon noch die Frage, wie viel Druck man tatsächlich dann schafft, aufzubauen.
Da würde ich sagen, hat diese ganze Zusammenarbeit eine Perspektive geboten,
wie das potenziell möglich wird.
Aber es hat auch gezeigt, dass es erst ganz am Anfang steht,
tatsächlich diese Mittel, die zur Verfügung stehen, auszunutzen.
Okay, ich muss ein bisschen da noch mit dem, was du erzählt hast,
ein bisschen noch zurückgehen.
Erstmal, was du beschrieben hattest, das klingt nach unglaublichen personellen
Ressourcen, die da gerade in der Anfangszeit reingeflossen sind,
um die Betriebe zu erschließen.
Wie habt ihr das denn von Fridays for Future, die auch sehr viele Ehrenamtliche
einfach haben, gewährleisten können?
Ja, man muss sagen, wir sind Schritt für Schritt vorgegangen.
Also wir sind nicht mit 70 Ortsgruppen in diese ganze Sache gestartet,
sondern vielleicht mit 15.
Und es gab ja erstmal sozusagen diesen kleineren Kreis, der dann auch immer
weiter sich verankern konnte eigentlich und auch weitere Leute und Orte gewinnen
konnte für diese Zusammenarbeit.
Wir waren am Ende, ich würde sagen, über tausend Aktive, die wirklich wöchentlich
mehrere Stunden da reingesteckt haben.
Und es gab locker einen Pol von 200, 300 Leuten, die im Prinzip sich irgendwann
entschieden haben, ich mache fast de facto Vollzeit diese Zusammenarbeit auf aktivistischer Seite.
Das habe ich in dieser Form auch noch nicht erlebt in Kampagnen.
Also natürlich gab es in so Bewegungszyklus immer wieder.
Aber das Besondere war wirklich, würde ich sagen, wirklich, auf dem Papier geht
es irgendwie um ÖPNV-Ausbau, es geht irgendwie um mehr Geld für Bus und Bahn und so weiter.
Es geht um Arbeitsbedingungen für Beschäftigte. Da könnte man jetzt meinen.
Das schlägt das Klimaherz jetzt, also es schlägt schon, aber es ist jetzt auch nicht überbordend.
Aber was darin, glaube ich, lag, war eine strategische Perspektive jenseits
der reinen Mobilisierung und jenseits der reinen Appelle an die Politik.
Also diejenigen, die sich entschieden haben, diese Zusammenarbeit zu machen,
haben sich im ersten Schritt aus Bewegungsseite, würde ich sagen,
vor allen Dingen für einen Aufbruch entschieden,
neue Durchsetzungshebel zu erkunden und eine wirkliche Basis für ökologische
Anliegen zu erschließen in den Betrieben, in diesem Sektor.
Also es war vielmehr ein strategischer Reflexionsprozess, deshalb habe ich auch
am Anfang so betont, dass das am Anfang wenige waren, die jetzt erstmalig aktiv
geworden sind oder so, sondern viele,
die eben diese Frustration und die Enttäuschung, wenn zu den Demonstrationen
immer weniger kommen oder wenn viele da sind, sich trotzdem nicht ändert,
durchlaufen haben und die wirklich einfach sozusagen seit Jahren diese Arbeit
machen, aber auf der Suche sind.
Also das war sozusagen die Kernträgerschaft, würde ich sagen,
erstmal der Zusammenarbeit.
Und dann ehrlicherweise ist auch in der Zusammenarbeit, ich würde sagen auf
beiden Seiten, aber auf Bewegungsseite bleibe ich jetzt mal.
Irgendwann auch der Switch passiert, dass es nicht mehr einfach um ein strategisches
Verhältnis ging oder was fast Instrumentelles,
wo es um die Durchsetzungshebel ging, sondern wo die Geschichten,
die Aktivistinnen erfahren haben aus dem Arbeitsalltag und die Schicksale der
Menschen, mit denen sie da in Kontakt kommen, tatsächlich eigentlich der Selbstzweck wurden.
Also die Unterstützung dieser Streikbewegung und die gemeinsame Durchsetzung
von Anliegen, das wurde sozusagen dann irgendwann der zentrale Bezugspunkt.
Und an dem sind dann auch immer mehr dazugestoßen, weil sozusagen dann irgendwann
natürlich auch die Kreise derer, die ausgreifen konnten und sozusagen diese
Geschichten transportieren konnten, größer wurden.
Der Interessante, aber es gab sozusagen diese Unterschiede, wie so baumrindenhaft,
natürlich die Schichten von Aktivität.
Das Besondere finde ich eigentlich, am Anfang waren es, würde ich sagen,
schon strategische Kernleute, die auf der Suche waren und dann hat es sich bei
vielen eben gewandelt und dann sind auch die Entscheidungspunkte gekommen,
wir müssen das Ding hier richtig aufbauen,
weil es dann wirklich um gemeinsame Anliegen ging und um gemeinsame Interessen.
Und dieses ganze Gerede von, wir haben gemeinsame Interessen,
wir müssen die nur gemeinsam durchsetzen, was am Anfang immer so ein bisschen der Pressetext war,
war tatsächlich dann untersetzt mit einem emotionalen und persönlichen Verhältnis
und nicht nur sozusagen der politischen Analyse, sondern auch einem realen Gefühl von Verbundenheit.
Und da würde ich auch den Unterschied dann machen zwischen einem Bündnis und
zwischen dieser Allianz.
Es ging nicht darum, sozusagen formell Großorganisationen zusammenzubringen.
Das war auch Teil des Vehikels.
Aber unter dem Dach der Großorganisation im Prinzip Menschen zu finden,
die eine andere Form von Basis für ökologische oder sozialökologische Politik
bilden und ein ernsthaftes Praxisbeispiel dafür schaffen,
wie diese Anliegen zusammengehen, das war, würde ich sagen, das,
was dann so der Katalysator war.
Es ging auf jeden Fall nach einer sehr tiefen Zusammenarbeit,
die sich da im Zeitverlauf entwickelt hat.
Gab es denn in dem Prozess auch etwas, du hast es auch erwähnt,
mit den zivilgesellschaftlichen Veranstaltungen, wo es um die Interessen der
Beschäftigten im öffentlichen Nahverkehr ging.
Gab es denn noch Anliegen der Beschäftigten, die zum Beispiel dich oder andere
bei Fridays for Future überrascht haben, wo man jetzt nicht direkt daran denkt im Vorfeld?
Ja, ich glaube, also in der Mehrheit, ehrlicherweise.
Und ich glaube, das ist auch ein Teil einer Antwort darauf, warum gerade in
Bereichen der Daseinsvorsorge eigentlich solche, ich würde sagen,
gewerkschaftlichen, aber auch politischen Aufbrüche passieren teilweise.
Nämlich die Kolleginnen, mit denen wir da gesprochen haben, haben sich großteils
sehr stark identifiziert eigentlich mit ihrer Fürsorgerolle in der Gesellschaft.
Also wir hatten so ein bisschen erwartet in so einer Annahme,
das sind irgendwie so grummelige Busfahrer, auf die ist jetzt erstmal schwer
zu treffen und die wollen jetzt vor allen Dingen irgendwie ein bisschen mehr
Pausenzeiten und so weiter.
Und ehrlicherweise, das war auch ein großes Thema, aber es war weniger Thema
auf so einer reinen technischen Ebene, sondern vor allen Dingen als Erfahrung
von einer Demütigung, über Stunden nicht auf Toilette gehen zu können,
als Erfahrung von totaler Vereinsamung halt irgendwie tags,
nachts, feiertags arbeiten zu müssen und dafür angespuckt, beleidigt sozusagen
zu werden und eigentlich für dieses Kaputsparen des ÖPNV immer den persönlichen
Preis heißt zu zahlen durch unfreundliche Fahrgäste, dadurch,
dass man das Gefühl hat, ich werde dem Ganzen jetzt überhaupt nicht gerecht,
ich fahre jetzt an dieser Haltestelle vorbei, da ist der,
Mensch mit Rollstuhl sozusagen, ich will den eigentlich mitnehmen können,
ich kann es jetzt gerade nicht, dieser Bus ist schon wieder überfüllt und so weiter.
Also sozusagen diese ganzen Anliegen, die wir erwartet hatten irgendwie sozusagen,
ich will einfach meine Ruhe und klassisch bessere Arbeitsbedingungen,
die so trivial gewesen wären, wären auch in Ordnung.
Dahinter war eine viel emotionalere Ebene. Also.
Ich würde es eben beschreiben als eine Erfahrung von Demütigung und Abwertung
in der Gesellschaft und andererseits sozusagen Wertschätzung.
Und die Kolleginnen dort waren sehr, sehr offen eigentlich für eine ökologische
Perspektive auf den ÖPNV.
Also es gab kaum Kontra dazu, dass es den ÖPNV braucht, um eine Mobilitätswende hinzukriegen.
Das heißt, es gab eine hohe Identifikation damit, aber es war immer das Mantra,
also die Leute wollen was von uns und wir müssen hier arbeiten, bis wir kaputt gehen.
Aber es wird überhaupt nicht gesehen, dass wir für diese Fahrgäste eine Verantwortung
gerade tragen und dass unser Job eben nicht nur ist,
Knöpfe drücken und ein Gaspedal treten, sondern letztendlich für Menschen zu
sorgen und die sicher von A nach B zu bringen und so diese ganzen Sachen.
Also eine Identifikation eigentlich damit, da ein öffentliches Gut herzustellen,
was wichtig ist in dieser Gesellschaft und was sozusagen nicht gesehen wird
oder verunmöglicht wird, wo man eigentlich am eigenen Anspruch scheitert.
Das war, würde ich sagen, was schon überraschend war für uns.
Und ein Ausdruck davon war, es gab im Zuge dieser Kampagne einen Versuch,
eine andere Erzählung auch von klimapolitischen Anliegen zu schaffen.
Also sozusagen es gibt eine Studienlage, die eigentlich sagt,
okay, wem vertraut man überhaupt, wenn die was über ökologische Fragen erzählen?
Und das ist halt der Lokführer und das ist der Busfahrer, aber es ist halt nicht
die Klimaaktivistin sozusagen.
Also was sind eigentlich so Referenzpersonen, die zu bestimmten Fragen sprechen
können und eine gesellschaftliche Glaubwürdigkeit genießen?
Und andererseits, wie lässt sich eigentlich ein diverses Berufsbild und sozusagen
diverse Bewegungen so erzählen, dass man sozusagen nicht einfach irgendwie ständig
sozusagen Spaltungslinien der Gesellschaft reproduziert, sondern einen Ansatzpunkt findet,
ein großes Wir zu erzählen, unter dem eben möglichst viele Fahrgäste sich auch finden können.
So, das Ganze ist unter dem Begriff Race-Class-Narrative bekannt.
Und im Zuge dessen ist ein Kampagnenfilm entstanden, der im Prinzip in ein paar
Minuten einfach den Alltag von den Beschäftigten in diesem Sektor porträtieren soll.
Der so Momente aufnimmt, wie jemand wird im Bus bedroht und sozusagen die Busfahrerin
ruft die Person zu sich, damit sie in Sicherheit ist.
Oder jemand ruft sein Kind an, das Geburtstag hat und ist aber auf dem Betriebshof
und kann jetzt nicht dabei sein und so weiter.
So Mikro-Momente des Arbeitsalltags, viel weniger dieses, ich bin zu spät,
ich muss zur nächsten Haltestelle kommen oder wie auch immer.
Und es war eine krasse Resonanz, was dieses Video erhalten hat.
Also es gab danach so eine Befragung bei Leuten, die das gesehen haben und fast
alle haben gesagt, ich habe sofort weitergeleitet, damit Menschen endlich mal
verstehen, was mein Beruf eigentlich ist.
Und das heißt sozusagen, dieser ganze Stolz auch auf die eigene Tätigkeit und
angenommen zu werden eigentlich in der Komplexität derer auch.
Ja, das war überraschend und das, glaube ich, ist aber auch erst gelungen zu adressieren,
als man diese Sprache halt verstanden hat und als viele auch in der Lage waren,
so miteinander zu reden, dass sozusagen es nicht völlig fremde Welten waren,
sondern man geteiltes Verständnis dieses Arbeitsalltags hatte.
Ich habe gerade eine Sache vergessen, zum Zustandekommen der Zusammenarbeit.
Ein wichtiger Faktor, das anzusprechen, war, dass AktivistInnen ganz häufig,
wenn das jetzt nicht von alleine ging, gefragt haben, ob sie mal eine Betriebsführung
kriegen können oder ob sie mal in der Frühschicht mitfahren können bei Busfahrern
oder in der Werkstatt mal sich was zeigen lassen können.
Das heißt sozusagen, haben erstmal sehr viel über das Arbeitsumfeld und sozusagen
die Sphäre, in der die Menschen, mit denen sie da in Kontakt kommen wollten,
alltäglich stattfinden, gelernt.
Und das war ein Moment, wo sich auch die größten Brummer, würde ich sagen,
total geöffnet haben, weil sonst nie jemand danach fragt, wie das eigentlich
genau ist und was man eigentlich alles wissen muss.
Und auch nicht fragt, wie müsste es denn passieren, wie müsste es denn gemacht
werden, damit es besser läuft.
Und das heißt, das Ansprechen bei der Expertise der Leute und auch das Wahrnehmen
dieser Expertise, das war teilweise so ein Schlüsselmoment, wo manche Türen
sich dann nochmal geöffnet haben,
aber auch ehrlicherweise Klimaaktivisten verstanden haben, dass diese Leute
vielleicht ihre Verbündeten sind, weil sie tatsächlich Experten in ihrer eigenen
Arbeitsbedingungen und dieses Feldes sind. Ja.
Würdest du denn auch sagen, du hast jetzt die Daseinsvorsorge angesprochen, das ist der Grund,
warum wir die dynamischsten Arbeitskämpfe in den letzten Jahren in dem Bereich
der Daseinsvorsorge eben erleben, dass zum Teil da auch die mangelnde gesellschaftliche
Wertschätzung dieser Bereiche mit rein spielt?
Oder welche Erklärung würdest du jetzt da so sehen?
Ja, also sicherlich ist das ein Teil. Ich finde wirklich diese Identifikation
eigentlich mit auch einem,
also dass man da eigentlich ein öffentliches Gut herstellt, an dem andere auch
ein Interesse haben und wo andere sozusagen einen Bedarf daran haben.
Das, glaube ich, ist eine wesentliche Komponente.
Also auch in den Krankenhausbewegungen. Ich habe als Organiserin die Entlastungsbewegung
an den Unikliniken in Nordrhein-Westfalen begleitet.
Also der Kampf um letztendlich nicht mehr Geld, sondern mehr Personal in den Krankenhäusern.
Und da war der Hauptpunkt, dass die immer gesagt haben, wir streiken nicht nur
für uns, wir streiken auch für unsere Patientinnen.
Und das heißt, dass es einen Akteur jenseits des eigenen Betriebes gibt,
dessen Wohl man auch im Blick hat und für den auch sozusagen eine harte Auseinandersetzung geführt wird,
das finde ich schon wesentlich, weil das eins sozusagen die ErzieherInnen in
der Kita mit den Pflegekräften im Krankenhaus, mit den Busfahrenden im ÖPNV-Betrieb.
Also dass sie eigentlich immer denken an die Kinder, die PatientInnen, die Fahrgäste.
Teils in unterschiedlicher Intensität, weil sozusagen es sind dann schon auch
noch unterschiedliche Bedürftigkeiten, die da auch aufkommen.
Aber das würde ich sagen, ist zentral. Das andere ist, dass da halt nochmal,
anders als in anderen Sektoren, würde ich sagen, wobei, wenn man sich jetzt VW anguckt, mal gucken,
es ist, glaube ich, auch nicht so einfach zu formulieren, aber das andere ist,
würde ich sagen, schon auch, dass da eine jahrzehntelange Ohnmachtserfahrung einfach ist.
Einfach nur dem ausgesetzt zu sein, dass es immer schlechter wird.
Also sowohl im Krankenhaus als auch im ÖPNV dominieren eigentlich die Geschichten
dessen, vor allem von älteren Kolleginnen, vor 20 Jahren ging es noch,
jetzt ist es unmöglich geworden.
Und hier droht eigentlich ein Kollaps gesellschaftlich. Also es ist eigentlich
sozusagen die höchste Alarmbereitschaft.
Das gesellschaftliche System gerät an krasse Grenzen.
Niemand sieht es und wer macht es jetzt außer uns? Das ist so ein bisschen sozusagen die Wahrnehmung.
Und das Geteilte war eben dieses, es wird die ganze Zeit davon geredet,
dass das alles gesellschaftlich so wichtig ist.
Und de facto haben die hier seit 1990 50 Prozent des Personals abgebaut.
Wir sollen aber doppelt so oft fahren, so ungefähr.
Das würde ich sagen, ist die andere Komponente. Also auch wirklich das Gefühl,
es ist die letzte Chance.
Und wir müssen jetzt was machen, sonst geht hier eigentlich gesellschaftlich richtig was zu Bruch.
Das heißt sozusagen, es geht, auch wenn es auf dem Papier dann manchmal um kleine
Forderungen geht, geht es eigentlich vorgestellterweise und auch real um viel, viel mehr.
Und dementsprechend kriegt das Ganze auch schnell eine politische Dimension.
Und dann würde ich aber zu guter Letzt auch sagen, dass das auch so ist,
weil Verdi als Gewerkschaft, anders als jetzt sozusagen die IG Metall als Industriegewerkschaft
natürlich in Streiks nicht den Hebel hat,
also zwei Komponenten unterschiedlich sozusagen sind.
Erstens, der Hebel des Streiks ist keiner, wo man einfach sozusagen den Profit
des Unternehmens so lange klaut, bis es dann irgendwie auf die Forderung eingeht,
sondern ehrlicherweise ein Streik im ÖPNV spart Geld ein.
Das heißt, die ÖPNV-Betriebe können daran ihre Bilanzen schüllen.
Das heißt, es braucht den öffentlichen Druck.
Es braucht dann hineinwirken in die Gesellschaft und hat das Ganze überhaupt keinen Sinn.
Also es ist zwar nervig, wenn der ÖPNV lahmliegt, aber für die Bilanz des Unternehmens
spielt es einfach gar keine Rolle. Und das andere ist...
Dass da natürlich auch noch mal viel weniger eine tradierte gewerkschaftliche
Stärke vorhanden ist und in Teilen auch weniger Sozialpartnerschaft,
aber das gilt nur bedingt, würde ich sagen.
Das heißt, wo man bei der IG Metall noch Organisierungsgrade von 80,
90 Prozent in Großbetrieben hat, wobei das in der Fläche auch nicht mehr vollständig
gilt, sind in einem Krankenhaus 10 Prozent organisiert im Schnitt.
Und im ÖPNV sind es zwar noch knapp, ich glaube, 55 Prozent oder so.
Aber davon wird mehr als die Hälfte in den nächsten zehn Jahren in Rente gehen.
Was das für diesen Sektor heißt, zum Beispiel im ÖPNV, aber auch sozusagen für
eine gewerkschaftliche Stärke, kann man sich eigentlich kaum ausmalen.
Das heißt, es ist höchste Not.
Man muss Rezepte finden, tatsächlich auch aus so einer Defensive herauszukommen.
Und dafür, würde ich sagen, hat Ver.D. in einem anderen Ausmaß als zum Beispiel
die IG Metall, sozusagen Instrumente des Organisings eingesetzt,
aber war auch bereit, den eigenen tarifpolitischen Ausdruck zu erweitern.
Also sei das durch Auseinandersetzungen wie im Krankenhaus, wo eigentlich sozusagen
die Arbeitsbedingungen, eine sehr politische Frage, als Ausformung von einer
Tarifauseinandersetzung verhandelt wurde.
Also man eigentlich einen Hebel gefunden hat, wie die tarifliche Forderung direkt
das Politische betrifft.
Oder eben sei das durch sowas wie Wir fahren zusammen, wo man sagen muss,
dass Verdi sich wirklich auch rausgewagt hat, da was auszuprobieren.
Also sowohl bei den KollegInnen, die ja sozusagen schon auch skeptisch reagiert
haben auf diesen Schritt in Teilen, als auch, wenn man daran denkt,
dass sozusagen in dem gleichen Zuge dann die Debatte um politischen Streik aufgekocht ist.
Und das heißt sozusagen, es dann immer hieß, naja, ab wann ist das eigentlich
ein politischer Streik? Es gab tatsächlich eine Klage eines Arbeitgebers,
nämlich in Leipzig, gegen den Streik mit der Begründung, es sei ein politischer Streik.
Und das war eigentlich sozusagen nicht nur ein Versuch der Delegitimierung,
sondern es hätte einfach diese Streikbewegung sofort beerdigt und beendet.
Und das heißt schon sozusagen so Grauzonen und Risikofelder, wo ich sagen würde.
Es ist auch eine, also da ist auch eine strategische Komponente,
könnte man sagen, sozusagen seitens, also auf gewerkschaftlicher Seite,
die aber der politischen Dringlichkeit also mindestens mal entspricht.
Und das trägt natürlich dazu bei, dass dann andere Auseinandersetzungen möglich
sind und auch ein anderer Ressourceneinsatz betrieben wird und so.
Also ich würde da direkt bei der politischen Ausrichtung bleiben.
Jetzt gibt es ja das Ziel, ganz konkrete Zahlen, wie der ÖPNV ausgebaut werden soll.
Das heißt, im Endeffekt hat die Politik sich selbst Ziele gesetzt.
Du hast eben den Druck erwähnt oder den Druck.
Die ausbleibende Hebelwirkung auf die Politik.
Also was siehst du denn da, was man dann machen könnte, damit dieser Druck doch
noch aufgebaut werden kann, beziehungsweise, dass die Politik nicht auch ihre
Glaubwürdigkeit verliert, wenn diese Ziele zum Ausbau des ÖPNV letztendlich
nicht umgesetzt werden.
Und das sind ja sehr, sehr konkrete Ziele. Ja, also jetzt im Zuge der Zusammenarbeit,
würde ich sagen, gibt es schon auch Felder, die wir noch nicht geschafft haben zu betreten.
Also ich glaube zum Beispiel, dass wirklich sozusagen alle, in dem Fall war
es ja bundespolitisch eine Forderung, dass alle Bundestagsabgeordneten wirklich
über Monate von Kolleginnen und Aktivistinnen genervt wurden,
beackert wurden, so wie das teilweise in den Krankenhausbewegungen der Fall
war, sodass sie einen persönlichen Rechtfertigungsdrang irgendwann hatten und so weiter.
Das ist nicht gelungen. Also dafür war das Ganze dann auch einfach zu zerfasert und so weiter.
Das andere ist auch, dass die tarifpolitische Landschaft so ist,
dass es zwar eine bundesweite Auseinandersetzung ist, die aber bundeslandspezifisch geführt wurde.
Das heißt, es total einfach war, über einen Tarifabschluss hier die Streikbewegung
im Gesamten zu schwächen, pro Bundesland sozusagen.
Und da im Prinzip gab es keine Antwort drauf. Da kann man sozusagen höchstens
sagen, naja, es gibt ein Verbot, einen Tarifvertrag abzuschließen bis zu dem
und dem Zeitpunkt, aber das ist dann sozusagen so sehr Innenansicht.
Das heißt, es ist nicht eine ideale, also das Vehikel der Tarifbewegung,
der Streikbewegung sozusagen war auf Bundeslandebene, während die Forderung auf Bundesebene war.
Ja, und dann würde ich schon auch sagen, dass sozusagen unter diesen Bedingungen
einer krassen Kürzungspolitik die Forderung danach, dass sozusagen mehr Geld
in den ÖPNV muss, einfach nicht auf der obersten Agenda war.
Also sozusagen auch nicht der Punkt ist, wo sozusagen gesellschaftliche Stimmung
sich plötzlich so dreht, dass man die eigene Regierung in Gefahr sieht oder
so, sondern es ist halt nicht gelungen, das zu einem sozusagen so Prioritätenthema
zu machen, dass da was passiert.
Ich würde trotzdem sagen, dass im Prinzip diese Kombination von Druckhebeln eine Perspektive hat,
aber es muss dann halt sozusagen den Anschein oder den Pfad dessen verlassen,
wo man sagt, es ist eine Routine-Auseinandersetzung.
Also wo man befürchten oder wo man sozusagen sagen kann, ja,
jetzt ist der Streik, jetzt fühlt es sich kurz unangenehm an,
aber wenn ich jetzt zwei Wochen warte, ist er vorbei.
Wobei das war, würde ich sagen, also es ist de facto nicht gelungen,
daraus wirklich auszubrechen.
Und das heißt, es gab ab dem Moment sozusagen des Streiks nicht mehr die Eskalationsperspektive,
die dann auch zu größeren gesellschaftlichen Brüchen hätte führen können oder
wo man dann so einen politischen Konflikt hat, dass auch Fahrgäste sich entscheiden,
bin ich jetzt dafür oder dagegen oder so.
Und gleichzeitig würde ich wirklich sagen, jetzt aus einer Bewegungsperspektive,
aber auch im Gesamten, dass unter den gegenwärtigen politischen Bedingungen
das Nachdenken darüber,
wie man es schaffen kann, dass sozusagen die Dinge sich verändern,
eigentlich fast ein Ding der Unmöglichkeit ist. Also große Ratlosigkeit eigentlich.
Wir hatten über die Daseinsvorsorge gesprochen. Jetzt wäre natürlich überlegen,
weil du auch die Krankenhausbewegung kennst, wäre es nicht auch perspektivisch
eine Möglichkeit, die Bewegung zusammenzubringen?
Sage ich jetzt mal zum Beispiel Krankenhaus, aber eben auch der ÖPNV.
Also im Endeffekt die Beschäftigten in der Daseinsvorsorge.
Wäre das nicht auch etwas, womit man sehr viele mobilisieren könnte?
Falls es da ähnliche Forderungen natürlich gibt. Also ich glaube ja und im Prinzip
haben wir die Gelegenheit fast direkt vor der Haustür, weil es ist Tarifauseinandersetzung
im öffentlichen Dienst Anfang nächsten Jahres.
Ist, da sind sowohl, nicht in allen Bundesländern, aber sind sowohl Verkehrsbetriebe
mit drin, als auch die kommunalen Krankenhäuser und so weiter.
Und das heißt, es geht de facto um eine Auseinandersetzung.
Die gesamte öffentliche Daseinsvorsorge sozusagen fällt darunter.
Das heißt, es gibt da die Gelegenheit von einer gemeinsamen Bewegung und auch
einem gemeinsamen Druck.
Und das, was glaube ich ein geteiltes Anliegen ist, ist wirklich sozusagen nicht
einfach nur mehr Geld, sondern auch eine Entlastung.
Weil in all diesen Berufen eine absolute Überlastung herrscht.
Und an diesen Fragen, glaube ich, könnten sich auch nochmal Auseinandersetzungen
um eine Schuldenbremse, um eine
Ausfinanzierung der öffentlichen Daseinsvorsorge und so anders stellen.
Und ich glaube sozusagen genau, das ist die Perspektive, auch die jetzt so wir
fahren zusammen einschlägt.
Die andere spannende Perspektive in Berlin ist, dass die BVG in eine intensivere
Tarifauseinandersetzung gehen wird, genau Richtung Frühjahr nächsten Jahres
und das heißt sozusagen,
das ist der größte kommunale Betrieb Europas.
Der dann da in eine Bewegung geht
und das ist dann sozusagen auch für sich genommen nochmal ein Ereignis.
Das heißt, ich glaube, es gibt diese Chancen schon und auch da würde ich sagen,
gab es jetzt erste Versuche und Schritte, das auszuloten, aber es besteht auf
jeden Fall die Möglichkeit, da noch mehr zu machen.
Es ist zum Beispiel gelungen, letztes Jahr im März, dass EVG und Verdi gleichzeitig
gestreikt haben. Das heißt sozusagen einerseits die Bahn und andererseits der ÖPNV.
Das ist jetzt erstmal sehr ähnlich, aber dass es sozusagen gewerkschaftsübergreifend
so eine Kooperation gibt, das hat bislang noch nicht stattgefunden.
Das ist dann als Megastreik durch die Presse gegangen und so weiter.
Und das würde ich sagen, ist auch ein Versuch, nochmal andere Hebel zu erschließen.
Ich glaube, das ist letztendlich der Weg, mit dem es nur gehen wird,
aber konkret sozusagen diese Pole Krankenhaus, MPNV zusammenzubringen,
das würde ich sagen, ist vor allen Dingen diese Frage des öffentlichen Dienstes,
das, was passieren kann.
Aber es braucht halt auch sozusagen dann, glaube ich, nochmal multipliziert
eigentlich die Fähigkeit, in die Gesellschaft hineinzuwirken und eigentlich
eine Legitimation für sowas zu schaffen,
dass nicht die Stimmung sozusagen an Tag drei gegen den Streik kippt,
sondern letztendlich sich daraus eine zivilgesellschaftliche Solidaritätsbewegung formiert.
Ja, da sind wir aber jetzt sehr vorgestellt und nicht mehr so sehr bei der Realität.