Gleichstellung und/oder DiversitÀt

In Deutschland betrĂ€gt der Anteil der Professorinnen nach wie vor weniger als ein Drittel aller Professuren. Der Gender-Gap zeichnet sich nicht wĂ€hrend des Studiums oder der Promotion ab, sondern in vielen FĂ€llen erst spĂ€ter, wenn es um die Übernahme von Verantwortung und um FĂŒhrungspositionen geht. Auch spiegelt die Besetzung akademischer Spitzenpositionen nicht die gesellschaftliche Vielfalt wider, etwa hinsichtlich des familiĂ€ren sozialen Status oder der Herkunft. Ganz aktuell ist zu beobachten, dass Frauen hĂ€ufiger Opfer des sogenannten „DrehtĂŒreffekts“ werden: Frauen gelangen zwar hĂ€ufiger (als frĂŒher) in FĂŒhrungshierarchien, werden aber ĂŒberzufĂ€llig oft nach kurzer Zeit wieder hinausgebeten oder abgewĂ€hlt.

Gleichstellung und DiversitĂ€t bleiben somit Ziele und sind keine Zustandsbeschreibung des Wissenschaftssystems. Die Beförderung von DiversitĂ€t geht ĂŒber den quantitativen Aspekt der Gleichstellung der Geschlechter hinaus. Sie zielt auf eine Reduktion von Nachteilen infolge einer Vielzahl individueller, struktureller und sozialer Unterschiede von Menschen und gleichzeitig auf die QualitĂ€tssteigerung wissenschaftlicher Arbeit. Interessen- und Zielkonflikte sind somit nicht nur nicht auszuschließen, sondern vorprogrammiert.

Wie können und inwieweit wollen UniversitĂ€ten und Forschungseinrichtungen möglichen Spannungen zwischen Gleichstellung, DiversitĂ€t und Exzellenz begegnen? Wie sieht DiversitĂ€t in verschiedenen Kontexten aus und welche Mehrwehrte bringt es? Ist ein diskriminierungsfreier Arbeitsplatz möglich, solange gesellschaftlich strukturelle Ungleichheiten bestehen – im Hinblick auf Geschlecht, aber auch auf andere DiversitĂ€tsmarker? Diese und weitere Fragen sollen in der Sitzung beantwortet werden.

Das GesprÀch mit Angela Ittel moderieren WZB-PrÀsidentin Jutta Allmendinger und Katinka von Kovatsits, Referentin im PrÀsidialstab.

Angela Ittel ist PrĂ€sidentin der Technischen UniversitĂ€t Braunschweig, Co-PrĂ€sidentin der TU9-Allianz und HRK-VizeprĂ€sidentin fĂŒr Internationales, Gleichstellung und DiversitĂ€t.

Gute Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft – die Rolle des Bundes

Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) bildet den rechtlichen Rahmen fĂŒr die meisten VertrĂ€ge im sogenannten akademischen Mittelbau. Viele kritisieren das Gesetz als Kern des Übels auf dem akademischen Arbeitsmarkt; Initiativen wie #IchbinHanna haben in den vergangenen Jahren eine riesige Resonanz erhalten. Auf der anderen Seite werden Befristungsmöglichkeiten als unverzichtbare Basis fĂŒr ein dynamisches Wissenschaftssystem hervorgehoben.

Bei allem Streit besteht Einigkeit, dass das WissZeitVG verbessert werden soll, aber wie genau, bleibt unklar. Der kĂŒrzlich veröffentlichte, lang erwartete Entwurf der Novelle des WissZeitVG hat keinen der Beteiligten glĂŒcklich gemacht. Auch das Kabinett konnte sich nicht in allen Punkten einigen. Vieles wird sich erst im weiteren Gesetzgebungsprozess im Bundestag ergeben.

Dabei sind die Erwartungen hoch. Wir fragen: Wie kann dieses Gesetz die Ziele exzellenter Forschung und Lehre unterstĂŒtzen? Welche Auswirkungen verspricht sich das Bundesministerium fĂŒr Bildung und Forschung (BMBF) vom vorliegenden Reformvorschlag? Welche Rolle kann und will der Bund bei der Ausgestaltung guter Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft spielen?

Diese und weitere Fragen loteten wir in unserer Reihe „Wissenschaft als Arbeitgeberin“ mit Jens Brandenburg, dem Parlamentarischen StaatssekretĂ€r beim Bundesministerium fĂŒr Bildung und Forschung, aus. Die thematische EinfĂŒhrung ĂŒbernahm WZB-PrĂ€sidentin Jutta Allmendinger.

Der akademische Arbeitsmarkt: allgemeines Ideal, einschrÀnkende RealitÀt?

Der akademische Arbeitsmarkt unterscheidet sich stark von anderen ArbeitsmĂ€rkten. Nicht immer ist dies zum Vorteil fĂŒr (angehende) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Mit großer Freiheit und FlexibilitĂ€t gehen auch große Unvorhersehbarkeit und Unsicherheit einher. Hohe MobilitĂ€t stellt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf die Probe. Gerade in der Qualifikationsphase bestehen zudem starke AbhĂ€ngigkeitsverhĂ€ltnisse. Sind bessere und fairere BeschĂ€ftigungsverhĂ€ltnisse möglich?

Diese Fragen wollen wir gemeinsam mit Geraldine Rauch, PrĂ€sidentin der Technischen UniversitĂ€t Berlin, und Jutta Allmendinger, PrĂ€sidentin des Wissenschaftszentrums Berlin fĂŒr Sozialforschung, diskutieren. Anja Oppermann (Referentin fĂŒr Forschungs- und Karriereförderung) ĂŒbernimmt die Moderation.